Kita bezieht Notquartier im Kloster
HÖXTER/BRENKHAUSEN(WB) Das hat es im Kreis Höxter auch noch nicht gegeben: Eine komplette Kindertagesstätte zieht für viele Monate in ein Kloster. Die Kita „Rappelkiste“ auf dem Gelände des St. Ansgar-Krankenhauses in Höxter hatte im vergangenen Herbst einen massiven Wasserschaden und damit ein echtes Problem. Koptenbischof Damian, Fachmann für schnelle, unbürokratische und wirkungsvolle Notfalllösungen, bot Ersatzräume im Kloster Brenkhausen an. Aus ein paar Wochen Notquartier sind jetzt schon mehr als ein halbes Jahr „Kloster-Kita“ geworden. Das WESTFALEN-BLATT hat die Höxteraner Kinder und ihre Erzieher im großen Klosterkomplex besucht.
Ein typischer Kita-Tag im Juni: Fröhliche Kinderstimmen überall, wo sonst Mönchsgesänge zu hören sind. Am koptischen Kloster sind auch vierbeinigen Gäste zu Besuch. Nachdem schon Anfang Mai Esel Fritz in Brenkhausen einen Stopp einlegte und im Klostergarten übernachtete, sind jetzt zwei Ponys als gerngesehene Gäste bei den Jungen und Mädchen. Die sind aber nicht wie Fritz auf Klostertour, sondern besuchen den Kindergarten „Rappelkiste“ einfach nur für einen Tag.
Das ursprüngliche Kindergartengebäude wird zurzeit kernsaniert, da es im vergangenen Jahr überraschend einen massiven Wasserschaden gab. Die Leiterin des Kindergartens, Andrea Lammert, erzählt von dem Malheur: „Im November 2023 gab es bei uns riesigen Wasserschaden. 5000 Liter Wasser sind ausgetreten. Die Feuchtigkeit ist in den Wänden hochgezogen. Jeder Hauseigentümer weiß, wie lange eine solche Sanierung dauern kann“, sagt Andrea Lammert.
Da die Reparaturarbeiten nicht im laufenden Betrieb erfolgen konnten, musste sich die „Rappelkiste“ nach einer anderen Unterkunft umschauen. Und da kamen Bischof Damian und sein Kloster ins Spiel: „Unser Kindergarten wurde mit offenen Armen empfangen“, schildern die Erzieherinnen. „Wir sind unendlich dankbar, dass wir von Bischof Damian so viele große und schöne Räume für so lange Zeit zur Verfügung gestellt bekommen haben“, lobt Lammert. Und so seien die beiden Gruppen der Kita seit einem halben Jahr im Kloster untergebracht. Sie seien mit der Klostergemeinschaft ganz eng aneinander gewachsen. „Ich möchte das Kinderlachen hier gar nicht mehr missen“, bedauert Bischof Damian die Aussicht, dass die Kita bald wieder nach Höxter zurückzieht.
Als Highlight kam vor einigen Tagen nun der Opa eines Kindergartenkindes mit zwei Ponys zu Besuch. Was für eine Freude! Heinz Skatulla ist der Vorsitzende des Reitvereins „Am Köterberg e.V.“ und hat schon mehrere Kindergärten mit den Pferden besucht. Die „Rappelkiste“ war bisher aber noch nicht dabei, und so bot sich ein Besuch, an so einem besonderen Ort wie dem Kloster, förmlich an. Die Ponys Shady und Luna hatte Heinz Skatulla mit nach Brenkhausen genommen, um die Kinder glücklich zu machen. Diese haben schon den ganzen Morgen darauf gewartet, dass es endlich hieß: „Die Pferde sind da!“. Auch Bischof Damian freute sich sehr über den „hohen“ Besuch, wie er sagte.
Die beiden „Stars auf vier Beinen“, Shady und Luna, wurden von den Kindern belagert, denn um sie herum bildeten sich zwei Trauben mit Mädchen und Jungen, die alle als die Pferde streicheln wollten. Heinz Skatulla verteilte unter den Anwesenden Bürsten und allerlei Pferd-Verwöhnungsutensilien. Sogar Bischof Damian bekam eine Bürste und widmete sich der Fellpflege.
Die beiden Vierbeiner waren so bei Jung und Alt eine echte Attraktion. „Die beiden kennen den Trubel und bleiben immer ganz ruhig“, sagt Heinz Skatulla. „Die treten auch nicht aus, da braucht keiner Angst zu haben“, beruhigt er. „Zum Reiten und führen der Pferde kommt gleich noch unsere Jugendwartin Emilie vorbei“, erklärt er den Kindern und den Erzieherinnen. Zu zweit hat das Pferde-Duo dann noch besser die Möglichkeit alle Kinder glücklich zu machen und jeden den beiden Vierbeinern nah zu bringen. Als Skatulla den beiden Pferden die Reitdecken umlegte, wurde die Vorfreude bei den Kleinen noch größer. Es bildeten sich erste Schlangen von mutigen Kindern, die sich auf die Rücken der Tiere trauten.
lieben Ponys
Ganz vorne dabei waren zwei Freundinnen. „Ich kann schon reiten, da ich jede Woche Reittraining beim Reitverein Am Köterberg habe“, freut sich Ella sichtlich stolz und fügt hinzu: „Deswegen kenne ich auch Luna schon, da ich auf ihr immer reite“. Ihre Freundin Charlotte erzählt: „Ich habe auch Reittraining und kenne mich deswegen auch schon gut mit Pferden aus“. Aber auch alle anderen Kinder, die noch keine Begegnung mit einem Pferd hatten, trauen sich, eine kleine Runde über die Wiese des Klostergartens zu reiten. Schnell steht unter allen Kindern fest: Die Pferde könnten eigentlich jeden Tag in den Kindergarten kommen. Auch die Jungen sind begeistert über den Besuch der beiden ruhigen Ponys.
„Ist das nicht schön, die Kinder zu hören und zu sehen, wie sie sich freuen“, sagt Bischof Damian. „Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie es hier ohne die Kinder ist“, ergänzt er. Doch schon bald wird der Kindergarten wieder zurück in das ursprüngliche Gebäude am St. Ansgar Krankenhaus ziehen, denn die „Rappelkiste“-Reparaturen sind nahezu abgeschlossen. Und so wird es für den Kindergarten voraussichtlich Anfang Juli wieder in das Kindergartengebäude nach Höxter gehen. Bis dahin sind aber im Kloster in Brenkhausen jeden Tag fröhliche Kinderstimmen zu hören. Kita im Kloster: Das gibt es nur in Brenkhausen.
(Quelle: Westfalen Blatt vom 18.06.24, Jonas Dittrich)